English in English on same subject: http://wkeim.bplaced.net/files/ifg-result.htm

Bundesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit Peter Schaar am 28.9.05:
„Transparenz und Information stärken die Demokratie und ihre Freiheitsrechte. Für die Verwaltung bietet das neue Informationszugangsrecht die Chance, ihre Informationsstrukturen weiter zu modernisieren“.

Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, den 11.9.07


Innenministerium Rheinland-Pfalz
Wallstraße 3
D-55122 Mainz
 


Betreff: Kommt Kopernikus nach Mainz?: Verabschiedung eines Informationszugangsgesetzes.

  

Sehr geehrte Damen und Herren,  

Ich begrüße es, dass das Innenministerium an einem Informationszugangsgesetz arbeitet (Anhang 1).

Informationsfreiheitsgesetze bringen laut OSZE eine "kopernikanische Wende" für die Presse (Anlage 2). Mehr als 70 Staaten und 8 Bundesländer haben das realisiert. Ich habe an diesem OSZE Bericht über Informationsfreiheit selber mitgearbeitet (Anlage B).

Die rheinland-pfälzische Landespressekonferenz (LPK), in der Politikkorrespondenten zusammengeschlossen sind, der Journalistenverein netzwerk recherche sowie Journalistengewerkschaften forderten die SPD-Landesregierung gemeinsam auf, ein Gesetz mit einem möglichst weit gefassten Anspruch auf Informationen mit nur wenigen Ausnahmeregelungen vorzulegen. Ein Informationsfreiheitsgesetz bezeichnet der Vorsitzende vom netzwerk recherche, Thomas Leif, als "Riesenchance" und "Sauerstoff für die Demokratie". In vielen Behörden spuke immer noch "der Geist des Obrigkeitsstaates", damit müsse Schluss sein. Weiter wird eine Anhörung im Mainzer Landtag zum Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes gefordert (Anlage C).

Die Informationsfreiheit (einschließlich des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung) ist Teil der Meinungsfreiheit und auch durch international anerkannte Menschenrechte speziell des Artikel 19 des Internationaler Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPbürgR, BGBl. 1973 II S. 1534) geschützt. Diesem Pakt ist Deutschland beigetreten, verletzt ihn aber bisher in 8 Bundesländern.

In ca. 70 Staaten ist der Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung in der Verfassung verankert. Weitere ca. 30 Staaten haben dieses Menschenrecht gesetzlich verankert. Damit haben ist diese Menschenrecht in mehr als die Hälfte der Staaten in der Welt realisiert das gemäß Art. 59 Abs. 2 GG Bestandteil des Bundesrechts ist.

Am 6. Dezember 2004 gaben die drei Sonderbeauftragten für den Schutz der Meinungsfreiheit ­ der UN-Sonderberichterstatter für freie Meinungsäußerung, der OSZE-Vertreter für Medienfreiheit und der OAS-Sonderberichterstatter für freie Meinungsäußerung ­ eine gemeinsame Erklärung ab: Darin heisst es zum Zugang zu Informationen in öffentlicher Hand:

,,Zugang zu Informationen der Behörden ist ein fundamentales Menschenrecht, das auf nationaler Ebene durch eine umfassende Gesetzgebung gewährleistet sein muss, die auf dem Prinzip der größtmöglichen Offenlegung basiert".

Ich begrüße, dass die OSZE sich auf die Informationsfreiheit konzentriert und alle OSZE Staaten einschließlich Deutschland beobachtet. Der Europarat hat 2003 mit einem Survey über Informationsfreiheit Deutschland beobachtet und im Zusammenhang mit einem Besuch des Menschenrechtsbeauftragten in Deutschland im Jahre 2006 Empfehlungen ausgesprochen. Auch die International Helsinki Federation for Human RightsFOIAdvocates, Access Info Europe, ARTICLE 19 und die Open Society Justice Initiative beobachten Deutschland bezüglich des Menschenrechts der Informationsfreiheit.

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) hat die Empfehlung Nr. 854 (1979) "betr. den Zugang der Öffentlichkeit zu Regierungsunterlagen und die Informationsfreiheit" beschlossen (Anlage 6). Der Europarat hat dies konkretisiert durch die Empfehlung Rec (2002) 2 des Ministerausschusses an die Mitgliedstaaten zum Zugang zu amtlichen Dokumenten (Anlage 3) und arbeitet an einer bindenden Konvention über die Informationsfreiheit (Anlage 4), die voraussichtlich im Frühjahr 2008 beschlossen wird (Anlage 5).

Die CDU in Thüringen bringt am 25.4.07 ihren eigenen Gesetzentwurf im Landtag ein. Die Regierung in Sachsen-Anhalt hat vor der Sommerpause 2007 einen IFG Gesetzentwurf vorgelegt. Ende 2007 können damit vorrausichtlich 11 Bundesländer Informationsfreiheitsgesetze verabschiedet haben.

Zusätzlich sprechen auch Standortvorteile für die Informationsfreiheit. Die Informationsfreiheit ist nämlich in allen wirtschaftlichen Kraftzentren der Welt USA, EU, Japan und Indien eingeführt. Nach guten Erfahrungen mit der Verwaltungstransparenz in Hong Kong (1995), Guangzhou (2002), Shanghai (2004) wurde am 24.4.07 nun für ganz China eine Informationsfreiheitsdekret, das die Verwaltungstransparenz zum 1.5.08 einführt. Dies wird in der am schnellsten expandierenden wirtschaftlichen Wachstumsregionen in der Welt als Mittel angesehen den Standort wirtschaftlich noch attraktiver zu machen und Investoren anzulocken. China wird Deutschland in Kürze sowohl beim Export als auch beim Bruttosozialprodukt überholen.

Auch die fundamentalen Rechte der Charta der EU (darunter Informationsfreiheit) wird auch in EU Mitgliedstaaten durch die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte gemäß COM(2005)280 eingeführt werden. Es ist jetzt schon peinlich, dass nun mehr als 60 Staaten (im Balkan war Montenegro 2005 der letzte Staat) die Informationsfreiheit eingeführt haben.

In seinem Bericht hat der Menschenrechtskommissars Thomas Hammarberg über seinen Besuch in Deutschland 9. – 11. und 15. – 20. Oktober 2006 in Empfehlung 6 vorgeschlagen unabhängige Beschwerdeinstanzen einzuführen. Rheinland-Pfalz ist mit seinem Bürgerbeauftragten seit 1974 der Pionier in Deutschland auf diesem Gebiet. Weiter wird mit der Empfehlung 7 vorgeschlagen "Zivilgesellschaft zu Rechtsvorschriften und politischen Maßnahmen, die Auswirkungen auf die Menschenrechte haben" zu konsultieren.

Ich freue mich, dass Rheinland-Pfalz das zu erarbeitende Informationszugangsgesetz nun auch bei der Verwaltungstransparenz den Anschluss finden kann indem die Standards der Empfehlung Rec (2002) 2 des Europarates (Anlage 3) beachtet werden.

Mit freundlichen Grüßen

Walter Keim

Keim v. Germany: Appl. No. 41126/05 ECHR: http://wkeim.bplaced.net/files/echr-061101.htm

Kopie: Ministerpräsident, Der Bürgerbeauftragte, Landtag Rheinland-Pfalz Petition LE 11/05, Fraktionen der Landtage der Bundesländer ohne Informationsfreiheitsgesetz

Anlagen:

  1. 07.09.07: Allgemeine Zeitung Mainz: Regierung in Rheinland-Pfalz kündigt Entwurf eines IFG für 2008 an: http://www.allgemeine-zeitung.de/rhein-main/objekt.php3?artikel_id=2959172.
  2. 03.05.07: Kopernikus kam nicht bis Mainz: http://www.stern.de/blog/6_hans-martin_tillack/archive/1018_kopernikus_kam_nicht_bis_mainz.html
  3. Empfehlung Rec (2002) 2 des Ministerausschusses des Europarates an die Mitgliedstaaten zum Zugang zu amtlichen Dokumenten: http://www.fr.ch/ofl/de/cst2004/empf_2002_2.pdf
  4. Access Info Europe: Bindende Konvention für den Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung (Development of a Binding Treaty on the Right of Access to Official Documents): http://www.access-info.org/?id=12
  5. 2007: CDDH: Project 2004/DG2/74 “Guaranteeing the right of the public to have access to official documents”: http://wkeim.bplaced.net/files/project_2004dg274.htm
  6. Empfehlung Nr. 854 (1979) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates betr. den Zugang der Öffentlichkeit zu Regierungsunterlagen und die Informationsfreiheit: http://wkeim.bplaced.net/files/empf_854_1979.htm

Im Internet publiziert:

  1. Pressemitteilung des Europarates 11.7.07: Bericht des Menschenrechtskommissars Thomas Hammarberg über seinen Besuch in Deutschland 9. – 11. und 15. – 20. Oktober 2006: http://wkeim.bplaced.net/files/Bericht-des-Menschenrechtskommissars.html: Deutsche Institut für Menschenrechte mit der Beobachtung der Menschenrechte in Deutschland und Beratung bei Gesetzesvorhaben beauftragen, nationalen "Aktionsplan Menschenrechte" entwickeln.
  2. 30. April 2007: Presentation, Summary of preliminary results of the survey, Country report (Walter Keim mentioned): http://www.osce.org/item/24260.html
  3. 06.09.07: (ddp-rps) Journalisten fordern Anhörung zu Informationsfreiheitsgesetz: http://www.ad-hoc-news.de/Politik-News/de/13158339/Journalisten-fordern-Anh%F6rung-zu-Informationsfreiheitsgesetz

Entwicklung:

 

[Informationsfreiheit]     [Zurück zu allen Petitionen]     [Menschenrechtsverletzungen in Deutschland]    [Zur Homepage

Anlage: Süddeutschland der Schandfleck bezüglich der Informationsfreiheit in Europa. Bild unten: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Hellgrün: Informationsfreiheit nur in Verfassung. Gelb: Gesetz in Vorbereitung. Access to Information Law = Informationsfreiheitsgesetz.

Informationsfreiheitgesetze in Europa

 

Informationsfreiheit in Europa