Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com                                      
Torshaugv. 2 C                                              
N-7020 Trondheim, den 5.5.05

 

An den
Geschäftsstellenleiter des Landesberufsgerichts für Ärzte
Jahnstr. 40,
D-70597 Stuttgart

Aktenzeichen: LBGÄ Nr. 02/05
Ihr Brief vom 4.4.05

Betreff: Berufsgerichtliches Verfahren , Akteneinsicht

 

Sehr geehrter Herr Oestreicher,

ich danke Ihnen für Ihren Brief vom 4.4.05 in dem Sie den Eingang meines Schreibens vom 6.2.05 bestätigen und die Behandlung für den 19.9.2005 ankündigen.

Allerdings kann ich leider nicht sehen, dass mein Antrag auf Akteneinsicht vom 29.10.2004 beantwortet wird.

Als ich die AOK nach 2 jähriger Verschleppung eines Pflegeantrags, mit Hilfe des von mir erfundenen Rechtsmittels der "Entscheidungserzwingungsklage": http://wkeim.bplaced.net/files/990411sg.htm beim  Sozialgericht in den Stiefel reinbekommen habe, hat das Sozialgericht mir Kopien aller Akten nach Norwegen geschickt: http://wkeim.bplaced.net/files/990810sg.htm und http://wkeim.bplaced.net/files/990906sg.pdf, siehe meine Petition 12/6907.

Als der Petitionsausschuss die Petition über Informationsfreiheit http://wkeim.bplaced.net/petition_ifg.htm mehr als 2 Jahre verschleppte, habe ich durch ein "Akteneinsichtserzwingungsverfahren": http://wkeim.bplaced.net/files/verwaltungsgericht.htm beim Verwaltungsgericht die Akten im deutschen Konsulat in Trondheim einsehen können: http://wkeim.bplaced.net/files/vg-entwurf.htm. Das Bundesinnenministerium bietet nicht die Gewähr dafür, sich jederzeit für das Menschenrecht der Informationsfreiheit (einschließlich des Zugangs zu den Akten der öffentlichen Verwaltung) einzusetzen und hat sich seit 1998 verweigert ein Informationsfreiheitsgesetz in den Bundestag einzubringen. Der Bund scheint einer Verurteilung im Verfahren Walter Keim gegen Bundesrepublik Deutschland VG 2 A 85.04 beim Verwaltungsgericht Berlin zu entgehen, da der Bundestag am 17.12.2004 einen eigenen Gesetzentwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz eingebracht hat. Am 13.05.2005 wird der Bundestag Informationsfreiheitsgesetz in 2. und 3. Lesung behandeln (siehe TOP 26).

Zwar ist Deutschland damit eines der letzten bedeutenden Ländern in Europa und der Entwurf schlecht, aber der Bund ist damit weiter als Baden-Württemberg, siehe meine Petition 13/00824 und Petition 13/2855, das hier hinter dem letzten Balkanland liegt.

Laut Sozialministerium Baden-Württemberg hätte die Ärztekammer darauf hinweisen sollen, dass die Vorschriften der Strafprozessordnung für Akteneinsicht analog anzuwenden seien.

Im Fall FOUCHER v. FRANCE (10/1996/629/812) 18 March 1997 vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wurde die Verweigerung der Akteneinsicht ohne Anwalt als Verstoß gegen die Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) Artikel 6 (Faires Verfahren) verurteilt. Deutsche Gerichte verweigerten weiterhin die Akteneinsicht z. B. LG Mainz 1998-10-22, 1 Qs 25/98 in solchen Fällen. Da das gegen Artikel 46 der EMRK: "Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, in allen Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen" verstieß, verabschiedete der Bundestag das StVÄG 1999 (BGBl. I 2000 S. 1253) um auch Akteneinsicht ohne Anwalt zugänglich zu machen. Dies wird in Höchstrichterliche Rechtsprechung Strafrecht (HRRS) S. 411 Heft 12 2004 von Stephan Schlegel ausführlich dargestellt.

Einen Rechtsanwalt nehmen zu müssen nur um Akteneinsicht zu bekommen, ist offensichtlich Verbraucher- und Patientenfeindlich, verstößt gegen ein faires Verfahren nach Artikel 6 der EMRK und Akteneinsicht nach Artikel 19 (2) des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte. Außerdem mache ich ein berechtigtes Interesse geltend, da ja die mehr als 2 jährige Verschleppung für mich nicht nachvollziehbar ist. "Es ist in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft anerkannt ist, dass die Gewährung von Akteneinsicht zulässig ist und im pflichtgemäßen Ermessen der aktenführenden Behörde steht. Dem korrespondiert ein Anspruch des Einzelnen auf ermessensfehlerfreie Entscheidung". So jedenfalls der Landtag in Baden-Württemberg in seiner Petition 13/824 vom 18.4.03. Diese ermessungsfehlerfreie Abwägung hat die Landesärztekammer nicht vorgenommen. Ich bitte Sie deshalb Ihre Entscheidung zu überdenken und Akteneinsicht zu gewähren.

Für Akteneinsicht einen Rechtsanwalt nehmen zu müssen erinnert an die Behinderung der EU Richtlinie über den freien Aktenzugang zu Informationen über die Umwelt (RL 90/313/EWG), die in Deutschland verspätet umgesetzt wurde (Frist war der 31.12.1992; das Gesetz wurde erst am 15. Juli 1994 verkündet). Da die Umsetzung zu restriktiv war und versuchte mit hohen Gebühren das Einsichtsrecht zu behindern und damit hinter der Richtlinie zurück fiel hat der Europäische Gerichtshof auf Antrag der EU Kommission Deutschland verurteilt (Rechtssache C-217/97) Anpassungen vorzunehmen.

Im deutschsprachigen Raum sind Gerichtsentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) schon lange durch das Österreichische Instituts für Menschenrechte sowie die Informationsplattform von Menschenrechte Schweiz zugänglich. Die Rechtsprechungstätigkeit des EGMR in Straßburg findet bis heute in Deutschland viel zu wenig Beachtung. Und dies, obwohl das BVerfG mit Beschluss vom 14.10.2004, Az. 2 BvR 1481/04 ausdrücklich die Pflicht der bundesdeutschen Gerichtsbarkeit zur "Berücksichtigung" der Straßburger Rechtsprechung festgestellt hat. Seit 2004 ist jedoch auf der Internetseite: http://www.egmr.org/ ein Fundstellenverzeichnis der Urteile und Entscheidungen des EGMR in deutscher Sprache für Alle leicht zugänglich geworden.

Mit freundlichen Grüßen,

Walter Keim
Informationsfreiheitsgesetz ohne Wenn und Aber: http://wkeim.bplaced.net/files/ifg-anhoerung.htm
Wer trägt die Verantwortung, dass Patientenrechte defizitär sind: http://wkeim.bplaced.net/anklage.htm
Support patients rights:
http://wkeim.bplaced.net/patients.htm#e-mail

Kopie: Patientenbeauftragte.

Anlage:

  1. 29.10.04: Brief an LAK
  2. 29.10.04: Brief an Kammeranwalt
  3. 19.04.05: Brief des Sozialministeriums über aufsichtsrechtliche Massnahmen

Antwort:

16.5.05: Akten sind nicht zugänglich, da sie bearbeitet werden.
15.6.05: Akten sind nach StPO § 406 e ab 1.7.05 durch Rechtsanwalt einsehbar

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Anlage: Süddeutschland der Schandfleck bezüglich der Informationsfreiheit in Europa. Bild unten: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Hellgrün: Informationsfreiheit nur in Verfassung. Gelb: Gesetz in Vorbereitung. FOIA= Freedom of Information Act (Informationsfreiheitsgesetz).

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