English in English: http://wkeim.bplaced.net/files/petition_convention.htm

Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, den 18.4.2009


Hessischer Landtag                                  Hessischer Ministerpräsident Roland Koch
Petitionsausschuss                                    Georg-August-Zinn-Str. 1
Schlossplatz 1-3                                      D-65183 Wiesbaden
D-65183 Wiesbaden

Kopie: Landtagsfraktionen

Betreff: Vertrauen schaffen, statt Misstrauen sähen: Konvention des Europarats über den Zugang zu amtlichen Dokumenten ratifizieren und IFG in Hessen einführen

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich beziehe mich auf das Schreiben des Bundestages vom 2.3.09 (Anlage 1) in dem empfohlen wird "die Antworten der (...) Landesvolksvertretungen abzuwarten (...)". 

Dabei bezieht sich der Bundestag auf folgenden Sätze des Schreibens vom 6.2.09 an den Bundestag:

"Weltweit kommt die Verwaltungstransparenz bisher in mehr als 80 Staaten mit mehr als ca. 3,5 Milliarden Menschen in Europa, (Nord- und Mittel-)Amerika, Australien, und Asien (Japan, Indien, Indonesien, China) zugute. Nachdem die russische Duma am 22.1.09 ein IFG beschlossen hat (Anlage 9 der Petition) fehlt in Europa die Verwaltungstransparenz im Wesentlichen nur in Weißrussland und 5 deutschen Bundesländern, darunter Hessen (Anlage 2).

Die 17. Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten am 3./4. Dezember 2008 in Schwerin fordert: Die neue Konvention des Europarats zur Informationsfreiheit so bald wie möglich unterzeichnen und ratifizieren! 

Damit kann dieses Menschenrecht auch in Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Sachsen und in Bayern eingeführt werden." 

Besonders peinlich ist das Fehlen der Informationsfreiheit für Hessen, das einst der Pionier beim Datenschutz war und durch die CDU in eine Schlusslichtposition abgewirtschaftet wurde. Außerdem hat Hessen 1993 den Vorschlag gemacht, den Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung im Grundgesetz zu verankern. Dieser Vorschlag hat in der Verfassungskommission von Bund und Ländern im Jahre 1993 im Zuge der Diskussion um eine Änderung des Grundgesetzes im Rahmen der Wiedervereinigung schon eine Mehrheit erreicht, allerdings wurde die notwendige zweidrittel Mehrheit damals noch nicht erreicht (BT Drucksache 12/6000, Kapitel 3.4).  

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am 14.4.2009 im Urteil Nr. 37374/05 by TÁRSASÁG A SZABADSÁGJOGOKÉRT ./. Hungary den Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung als Menschenrecht anerkannt (Anlage 4).  

Artikel 46 der europäischen Konvention für Menschenrechte lautet "Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, in allen Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen."

Über die Grenzen der Rechtskraft hinaus entfalten EGMR-Urteile,
insbesondere solche, die gegen andere Mitgliedstaaten ergangen sind,
eine weitergehende, fallübergreifende Orientierungswirkung oder
„normative Leitfunktion“ für deutsche Behörden. Die Bindungswirkung
des EGMR erstreckt sich nach der Entscheidung BVerfG 2 BvR 1481/04 des
Verfassungsgerichtes (Punkt 3) auf alle staatlichen Organe:  "Die
Bindungswirkung einer Entscheidung des EGMR erstreckt sich auf alle
staatlichen Organe (Gerichte, Regierungen und Parlamente) und
verpflichtet diese grundsätzlich, im Rahmen ihrer Zuständigkeit und
ohne Verstoß gegen die Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG)
einen fortdauernden Konventionsverstoß zu beenden und einen
konventionsgemäßen Zustand herzustellen." Damit müssen sowohl der
Petitionsausschuss, die Regierung und die Landtage sich mit diesem
Menschenrecht auseinandersetzen. Es wäre verfassungswidrig die
Rechtsprechung des EGMR einfach ignorieren.

Da bisher noch keinen Antwort des hessischen Landtages vorliegt, lege ich das Schreiben vom 6.2.09 als Anlage 3 bei. 

Im Artikel 20 GG steht: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus" und die "vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an" (das von der gewählte Volksvertretung beschlossene) "Gesetz und Recht gebunden". Damit ist auch in Deutschland eine Demokratie europäischen Typs möglich, wenn die Abgeordneten nur wollen und sich getrauen.

Mit freundlichen Grüßen

Walter Keim

Antwort:

Anlage:

  1. 02.03.08: Die Antworten der Landtage abwarten: http://wkeim.bplaced.net/files/090302bt.pdf  
  2. http://www.right2info.org: 76 Staaten weltweit mit Informationsfreiheitsgesetzen (IFG) und 51 Staaten mit verfassungsrechtlicher Regelung des Zugangs zu Dokumenten (Informationen) der öffentlichen Verwaltung. Nachdem die russische Duma am 22.1.09 ein Informationsfreiheitsgesetz beschloss, fehlen in Europa im Wesentlichen nur noch Weißrussland die 5 deutschen Bundesländer Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Sachsen: http://right2info.org/news/russias-duma-passs-a-freedom-of-information-act
  3. 06.02.09: Pet 1-16-06-298-050103: Vertrauen schaffen, statt Misstrauen sähen: Konvention des Europarats über den Zugang zu amtlichen Dokumenten ratifizieren: http://wkeim.bplaced.net/files/petition_konvention.htm  
  4. ECHR TÁRSASÁG A SZABADSÁGJOGOKÉRT v. Hungary, Application no. 37374/05: http://wkeim.bplaced.net/files/echr-CASE_OF_TARSASAG_v._HUNGARY.html
  5. 07.09.09: Roger Vleugels: Overview of all 90 FOIA countries & territories: http://right2info.org/resources/publications/laws-1/ati-laws_fringe-special_roger-vleugels_2011-oct
  6. 14.04.09: Zugang zu amtlichen Dokumenten ist ein Menschenrecht: EGMR Beschwerde Nr. 37374/05 TÁRSASÁG A SZABADSÁGJOGOKÉRT ./. Ungarn: http://merlin.obs.coe.int/iris/2009/7/article1
  7. Tabellarische Übersichten: Menschenrecht Informationszugangsfreiheit im Bundesgesetzblatt (BGBl.): http://wkeim.bplaced.net/IFG.htm#Europarat

Entwicklung:

 

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Anlage: Süddeutschland und Hessen sind der Schandfleck bezüglich der Informationsfreiheit in Europa. Bild unten: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Hellgrün: Informationsfreiheit nur in Verfassung. Gelb: Gesetz in Vorbereitung. Access to Information Law = Informationsfreiheitsgesetz.

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