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„Zugang zu Informationen der Behörden ist ein fundamentales Menschenrecht, das auf nationaler Ebene durch eine umfassende Gesetzgebung gewährleistet sein muss, die auf dem Prinzip der größtmöglichen Offenlegung basiert"
.
UN, OSZE und OAS Sonderbeauftragte für den Schutz der Meinungsfreiheit 2004


English in English: http://wkeim.bplaced.net/files/enforce_access_to_information.html


Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Almbergskleiva 64
NO-6657 Rindal, den 7.7.2013
Fax: 0047-71 66 40 51

An das
Bayerische Verwaltungsgericht München
Postfach 200543 
D-80005 München

Kopie: Fraktionen des Bayerischen Parlaments, Presse


Betreff: Az. M 17 K 12.3408: Beschwerde gegen Festsetzung des Streitwerts auf € 5000.-

In 2 Exemplaren per Post, vorab per E-Mail und Fax: 0049-89-5143777

In der Verwaltungsstreitsache Walter Keim ./. Freistaat Bayern, der durch den Landtag, das Staatsministeriums des Innern und das Staatsministeriums der Justiz vertreten hätte müssen

Verpflichtungsklage: Akteneinsicht in die Ablehnung der Vorschläge des Menschenrechtskommissars des Europarates in den Schreiben des Staatsministeriums des Innern (14.4.2008, Az. IA1-1017-8) und der Justiz (8.1.2008, Az. 1402 E Ls - I - 9892/2007) gemäß Art. 19 (4) GG, 20 (3) GG, Art. 25 GG, Art. 5 GG i. Vb.m. Art. 19 (2) IPbpR und Art. 10 EMRK, Art. 13 EMRK, Art. 10 EKMR, Art. 19 IPbpR und § 9 AGO

wird Beschwerde gegen Festsetzung des Streitwerts im Beschluss vom 13.6.2013 Az. M 17 K 12.3408 eingelegt, der am 5.7.2013 zugestellt wurde.

Begründung:

Es wird auf die Verpflichtungsklage vom 14.7.2012 und das Urteil vom 13.6.2013, das wegen falscher Adresse erst das am 5.7.2013 zugestellt wurde Bezug genommen.

Die Petition Zeichen II/VF.0993.15 "Vorschläge des Menschenrechtskommissars umsetzen, Richter in Menschenrechten schulen, Judikative unabhängig machen und dem Gesetz unterwerfen" wurde aufgrund der Erklärung der Bayer. Staatsregierung am 12.6.2008 als erledigt betrachtet. Am 13.12.2011 wurde beim Landtag, dem Staatsministeriums des Innern und der Justiz Antrag auf Akteneinsicht gestellt in die Erklärungen der Staatsregierung. Nur der Landtag antwortete abschlägig. Die Verpflichtungsklage vom 14.7.2012 richtete sich dagegen, dass keine der 3 Institutionen Akteneinsicht gewährte.

Das Urteil vom 13.6.2013 (Az. M 17 K 12.3408) setzt sich mit folgendem in der Klage nicht auseinander:

Die Streitwertbestimmung hat einschlägigen Bestimmungen des Gerichtskostengesetzes (z. B. GRK § 13) zu folgen. Das Menschenrecht der allgemeinen Akteneinsicht ist bisher in Deutschland im Bund und 11 von 16 Bundesländern gesetzlich durch Informationsfreiheitsgesetze gesichert. Dabei sind nach den einschlägigen Kostenvorschriften einfache Anfragen, d. h. ein genau bezeichnetes Dokument kostenlos. In Bayern gibt es das Umweltinformationsgesetz und das Verbraucherinformationsgesetz mit entsprechenden Bestimmungen. Auch internationale Standards des Zivilpakts und der EKMR operieren so. Allenfalls sind Kopiekosten zu veranschlagen. Nach GRK § 13 (1) "ist der Streitwert vorbehaltlich der folgenden Vorschriften nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen." In Norwegen, kann ich in wenigen Sekunden die Beschreibungen aller Dokumente der Staatsverwaltung durchsuchen um die Dokumentnummer für den Antrag zu finden. Die Verwaltung weiß dann die Dokumentnummer und kann mit minimalem Aufwand innerhalb von 1 bis 3 Tagen Einsicht geben. Das ist selbstverständlich kostenlos. Deshalb wird beantragt, den Streitwert auf € 10.- festzulegen.

(Prozesschrift 15.10.2012): 5,9 Milliarden Menschen in 130 Staaten d. h. 84% der Weltbevölkerung haben Informationsfreiheitsgesetze oder entsprechende Verfassungsbestimmungen. Dieses Menschenrecht, das eine Voraussetzung für Demokratie ist, fehlt in Bayern (6). Es ist die staatsbürgerliche Pflicht jedes Bayern und Deutschen, der nicht der fehlenden Aufklärung und Verdummung der deutschen Presse ausgesetzt ist (7, "Deutsche Presse größter Versager in der Welt beim Menschenrecht Informationszugang") in Rahmen seiner Möglichkeiten Verbesserungen zu fördern.

Offensichtlich wird hier das ideelle Ziel verfolgt auch in Bayern, wie in allen zivilisierten Ländern den Zugang zu amtlichen Dokumenten zu fördern. Inzwischen haben nämlich 125 Staaten (https://www.rti-rating.org/country-data/) (10 Mehr als am 14.7.2012) mit mehr als 5,9 Milliarden Einwohnern d. h. 84 % der Weltbevölkerung entweder Informationsfreiheitsgesetze oder entsprechende Verfassungsbestimmungen und damit bessere generelle (über Verbraucherinformation und Umweltinformation hinausgehende) Einsichtsrechte als Bayern.

Das Urteil dokumentiert, dass das Gericht das nicht erkennen konnte und deshalb den Streitwert falsch bestimmte, mit folgenden Irrtümern: 

In Punkt 2.b) Seite 9:

Diesem Ergebnis stehen auch Art. 10 EMRK und Art. 19 (2) IPbpR nicht entgegen: Diese Vorschriften beinhalten die Informationsfreiheit bzw. das Recht sich Informationen zu beschaffen. Ebenso wie die entsprechende Regelung in Art. 5 GG beziehen sich aber grundsätzlich nur auf allgemein zugängliche Informationen (vgl. BVerwG, U.v. 16.9.1980 - 1 C 52.75 - BVerwGE 61,15)

Es ist völlig abwegig das Menschenrecht des Zugangs zu amtlichen Dokumenten der Rechtsprechung des EMRK aus den Jahren 2006 bis 2013 und IPbpR ("General Comment No. 34 on Article 19 of the ICCPR" aus dem Jahre 2011) mit BVerwG Entscheidungen des Jahres 1980 in Frage zu stellen, die sich dazu noch auf die Veröffentlichung eines Erlasses bezog.

In Punkt 3. Seite 10:

Die vom Kläger zitierten Entscheidungen des EGMR führen insoweit zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung, da diese vor allem die Akteneinsicht in verfassungsrechtlichen oder strafrechtlichen Verfahren und damit keine vergleichbaren Fallkonstellationen betrafen...

Bei keinem der aufgeführten EGMR Urteile handelt es sich starfrechtliche Verfahren, sondern um Akteneinsicht in vergleichbaren Rechtsachen z. B. ist YOUTH INITIATIVE FOR HUMAN RIGHTS v. SERBIA (Application no. 48135/06) vom 25 Juni 2013 ganz ähnlich [Quelle H]. (BayVGH, B.v. 2.2.2012 - 5 ZB 11.439 - juris Rn. 9) weißt nur auf fehlendes IFG hin. Ansprüche aufgrund EGMR und IPbpR werden dort nicht behandelt.

Aber nicht nur das Menschenrecht des Zugangs zu amtlichen Dokumenten, das international als Voraussetzung der Demokratie angesehen wird (Quelle G) wird mit unhaltbaren Argumenten abgelehnt, auch Demokratie wird verkannt:
 
Die Behauptungen, dass "Akteneinsichtsrecht in die Stellungnahmen der Staatsregierung" (siehe Seite 9) "Grundgedanken der Volkssouveränität und das Gewaltenteilungsprinzip beeinträchtigen (würde)" verkennt Grundlagen der Demokratie ("Herrschaft des Volkes durch Wahl"... "repräsentativen Demokratie...keine Sperrwirkung gegenüber der Ermöglichung einer informellen öffentlichen Kontrolle"), wie das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im Urteil vom 3. November 2011 – 7 C 4.11 feststellt (siehe ausführliches Zitat in Prozessschrift vom 27.10.2012). 

Außerdem wird auf das neueste Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Application no. 48135/06) vom 25. Juni 2013 bezüglich des Menschenrechtes des Informationszugangs hingewiesen, das den Zivilpakt (IPbpR) und die Erklärung der UN, OSZE und OAS Sonderbeauftragten für den Schutz der Meinungsfreiheit 2004 als relevant erachtet. Dabei geht es - wie in dieser Verpflichtungsklage auch - um Akteneinsicht "to monitor the implementation of transitional laws with a view to ensuring respect for human rights, democracy and the rule of law." Auch dies Verpflichtungsklage ist ein "Monitoring" des Menschenrechts des Informationszugangs in Bayern und beweist, dass der Menschenrechtskommissar recht hatte, als er Schulungen in Menschenrechten für Richter empfahl.

Der Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hat in der Rechtssache YOUTH INITIATIVE FOR HUMAN RIGHTS v. SERBIA (Application no. 48135/06) vom 25 Juni 2013 festgestellt:

"III: RELEVANT INTERNATIONAL DOCUMENTS

13.  The International Covenant on Civil and Political Rights, adopted under the auspices of the United Nations on 16 December 1966, entered into force in respect of Serbia on 12 March 2001. Article 19 of that Covenant guarantees freedom of expression in similar terms to those used in Article 10 of the Convention. In July 2011 the Human Rights Committee, the body of independent experts set up to monitor the implementation of that treaty, reiterated in its General Comment No. 34 that Article 19 of the Covenant embraced a right of access to information held by public bodies (document CCPR/C/GC/34 of 12 September 2011, § 18). It further stated that such information included records held by a public body, regardless of the form in which the information was stored, its source and the date of production (ibid.). Lastly, the Human Rights Committee emphasised that when a State party imposed restrictions on the exercise of freedom of expression, these may not put in jeopardy the right itself; in other words, the relation between right and restriction and between norm and exception must not be reversed (see § 21 of that document).

14.  The Joint Declaration by the United Nations Special Rapporteur on Freedom of Opinion and Expression, the OSCE Representative on Freedom of the Media and the OAS Special Rapporteur on Freedom of Expression of December 2004 reads, in the relevant part, as follows:

“The right to access information held by public authorities is a fundamental human right which should be given effect at the national level through comprehensive legislation (for example Freedom of Information Acts) based on the principle of maximum disclosure, establishing a presumption that all information is accessible subject only to a narrow system of exceptions. ..."

Diese Dokumente sind Anlagen C und D der Verpflichtungsklage vom 14.7.2012.

Zusammenfassend wird der Menschenrechtscharakter des Zugangs zu amtlichen Dokumenten folgendermaßen bewiesen:

Der Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung ist nun ein anerkanntes Menschenrecht gemäß Zivilpakt [Quelle A, C, D, E] und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte [Quelle F] aufgrund der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EKMR) [Quelle B], wird international als Voraussetzung für die Demokratie angesehen [Quelle G] und ist wichtig im Kampf gegen Korruption.

Offensichtlich hatte der Menschenrechtskommissar des Europarates recht, als er Schulungen in Menschenrechten für Richter empfahl.

Walter Keim


Quellen:

  1. Zugang zu amtlichen Dokumenten ist ein Menschenrecht der VN: https://www.right2info.org/international-standards#section-1
  2. Zugang zu amtlichen Dokumenten in Europäischer Konvention für Menschenrechte: https://www.right2info.org/international-standards#section-5
  3. Gemeinsame Erklärung 2004 der drei Sonderbeauftragten von UN, OSZE und AOS für den Schutz der Meinungsfreiheit: http://merlin.obs.coe.int/iris/2005/2/article1
  4. "General Comment No. 34 on Article 19 of the ICCPR" (Internationaler Paktes über bürgerliche und politische Rechte, Zivilpakt): http://www2.ohchr.org/english/bodies/hrc/comments.htm, http://merlin.obs.coe.int/iris/2011/10/article1
  5. Klagen bei den VN gegen Staaten, die gegen das Menschenrecht des Zugangs zu amtlichen Dokumenten verstoßen: http://right2info.org/cases#section-6
  6. Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte: http://right2info.org/cases#section-2
  7. OSZE, April 2012: COMMENTS ON THE DRAFT LAW ON TRANSPARENCY, ACCESS TO INFORMATION AND GOOD GOVERNANCE OF SPAIN: http://www.osce.org/fom/89577 ("International documents (...) state that access to information is a fundamental human right and an essential condition for all democratic     societies.")
  8. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte: YOUTH INITIATIVE FOR HUMAN RIGHTS v. SERBIA (Application no. 48135/06): http://hudoc.echr.coe.int/sites/eng/pages/search.aspx?i=001-120955

Antwort:


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