Einschreiben

www.campact.de

Knowledge will forever govern ignorance, and a people who mean to be their own governors,
must arm themselves with the power knowledge gives. A popular government without popular
information or the means of acquiring it, is but a prologue to a farce or a tragedy or perhaps both.

-- James Madison

Der Erfolgreichste im Leben ist der, der am Besten informiert ist. (Benjamin Disraeli)

Frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht. (Präambel der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft)

English on same subject in English: http://wkeim.bplaced.net/foi.htm

Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, den 25. 4. 2007


Deutscher Bundestag Verwaltung ZR4
Behördlicher Datenschutzbeauftragter
, z. Hd. von Herrn Kolodziej-Derfert
Platz der Republik 1
D-10557 Berlin

Copy: Commissioner for Human Rights Council of Europe, EU Fundamental Rights Agency, OSCE, OECD, PACE, UN,
           MPs Otto, Laurischk, Kolb (FDP), Danckert (SPD), Wolfgang Götzer, Max Straubinger (CSU), Siegfried Kauder, Marco Wanderwitz, Friederich Merz (CDU)

Betreff: Eingangsbestätigung Widerspruch Geschäftszeichen 1334/IFG: Veröffentlichung von Nebentätigkeiten gemäß § 44 b (4) AgbgG, Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 25 GG, Art. 5 GG i. Vb.m. IFG, Art. 10 EKMR und Art. 19 IPbürgR
Bezug:
Ihr Brief vom 23.4.07   

 

Sehr geehrter Herr Kolodziej-Derfert, 

Ich danke Ihnen für Ihren Brief vom 23.4.07 in dem Sie auf die Gebührenregelung Bezug nehmen und anfragen ob die Kosten übernommen werden.

Sie "weise(n) darauf hin, dass der Bundestag nach der Informationsgebührenverordnung (IFGGebV)
i.V.m. der Anlage zu § 1 I IFGGebV bei einer vollständigen oder teilweisen Zurückweisung
eines Widerspruchs verpflichtet ist, eine Gebühr in Höhe von mindestens 30 Euro zu
erheben. Dies gilt nach der IFGGebV auch, wenn die Bescheidung des ursprünglichen Antrages
kostenfrei war, unabhängig davon, ob es sich dabei um eine Versagung des Antrags oder
um eine einfache mündliche oder schriftliche Auskunft gehandelt hat, mit der dem Antrag
teilweise entsprochen wurde.
Mir liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass in Ihrem Fall von der Gebührenerhebung
abzusehen wäre. Ich bitte Sie daher um eine kurze Mitteilung, ob Sie Ihren Widerspruch auch
im Hinblick auf eine etwaige Gebührenfolge aufrechterhalten."

Hier fehlt offensichtlich die obere Grenze.

Die vom Bundesinnenministerium erlassene "Verordnung über die Gebühren und Auslagen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (Informationsgebührenverordnung – IFGGebV) ist ein Beispiel dafür wie eine Vorschrift, die so kompliziert ist, dass der Wortlaut des § 10 (1) IFG, dass Gebühren und Auslagen nicht "für die Erteilung einfacher Auslagen" (gilt) vernebelt und leicht übersehen werden kann. Die fast kostenlose billige Möglichkeit nach § 7 IFG (3) Auskünfte elektronisch zu erteilen fällt in der Gebührenordnung ganz unter den Tisch. Dabei ist das IFG vorrangig gegenüber der IFGGebV.

Gemäß Bundesgesetzblatt Jahrgang 2006 Teil I Nr. 1, ausgegeben zu Bonn am 6. Januar 2006: IFGGebV Anlage (zu § 1 Abs. 1):

Gebühren- und Auslagenverzeichnis
Teil A
Gebühren

Nr. Gebührentatbestand Gebührenbetrag in Euro
4 Veröffentlichungen nach § 11 des Informationsfreiheitsgesetzes gebührenfrei
5 Vollständige oder teilweise Zurückweisung eines Widerspruchs bis zur Höhe der für den angefochtenen Verwaltungsakt festgesetzten Gebühr; jedoch mindestens 30 Euro

Damit ist also die obere Grenze "der für den angefochtenen Verwaltungsakt festgesetzten Gebühr". Dabei ist die nach § 44 b (4) AgbgG am 10.3.07 und 19.4.07 geforderte Veröffentlichung im Internet gebührenfrei. Sollte dies nicht geschehen und Hilfsweise des IFG zur Anwendung kommen wird elektronische Auskunft gefordert, der unter die unter § 10 (1) zweiter Satz ausgewiesenen Kostenfreiheit um gemäß § 10 (2) IFG wirksame Inanspruchnahme zu sichern.

Gezahlt werden von mir die Kosten, die aus dem IFG und der IFGGebV abgeleitet werden können. Ihre Phantasien einer unbegrenzten Gebühr ("mindestens 30 EURO ohne Beachtung der oberen Grenze nach Nr. 5 Gebühren- und Auslagenverzeichnis Teil A) finanziere ich dagegen nicht.

An mich übermittelte Daten würden - wie von § 44 b (4) AgbgG vorgesehen - von mir im Internet veröffentlicht werden. Da das dem Gesetzesbruch der Nichtveröffentlichung abhelfen würde, ist von einer Gebührenerhebung abzusehen. Es besteht ein öffentliches Interesse, einen Gesetzesbruch zu beenden. Dies wird aktualisiert, da durch ein Patt im Verfassungsgericht keine Mehrheit für die Aufhebung der Transparenzpflicht besteht.

Auch der umfangreiche abgelehnte Widerspruchsbescheid vom 19.1.07 an Transparency International hatte nicht mehr als 30 EURO Kosten.

Die am 09. November 2003 unterzeichnete und am 14. Dezember 2005 in Kraft getretene UN Konvention gegen Korruption ist von Deutschland noch nicht ratifiziert. Zuvor muss insbesondere der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung in § 108e des Strafgesetzbuchs erweitert werden. Bisher ist Abgeordnetenbestechung nicht streng genug, d. h. aufgrund internationaler UN Konventionen verbotene Abgeordnetenbestechung ist in Deutschland "legal".

Es besteht auch ein öffentliches Interesse an der Veröffentlichung um die Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes zu realisieren.

Deutschland hat mit dem IFG im Jahre 2006 als eines der letzten Länder der zivilisierten Welt ein Informationsfreiheitsgesetz bekommen. Allerdings hat der "Aufstand der Amtsschimmel" in den Jahren 1998 bis 2005 das Gesetz mit vielen Ausnahmen und Bürgerfeindlichen Gebühren verwässert. Dadurch wurde nur eine Verbesserung vom letzten auf den vorletzten Platz international erreicht.

Es besteht ein öffentliches Interesse zur zivilisierten Welt aufzuschließen und nicht in alte Sünden zurückzufallen.

Besonders verwerflich ist die Fortsetzung des Gesetzesbruchs der Nichtveröffentlichung vor dem Hintergrund, dass im Verfassungsgericht ein Patt herrscht in dieser Frage und damit die Vorhersage des Bundespräsidenten vom 10.3.06 widerlegt wird, dass sich " (ab)zeichne (...), daß das Bundesverfassungsgericht eine zügige Entscheidung der anhängigen Klagen einiger Bundestagsabgeordneter anstrebe."

Die EU Richtlinie über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt (RL 90/313/EWG) wurde in Deutschland verspätet umgesetzt (Frist war der 31.12.1992; das Gesetz wurde erst am 15. Juli 1994 verkündet). Da die Umsetzung zu restriktiv war und versuchte mit hohen Gebühren das Einsichtsrecht zu behindern und damit hinter der Richtlinie zurück fiel hat der Europäische Gerichtshof auf Antrag der EU Kommission Deutschland verurteilt (Rechtssache C-217/97) Anpassungen vorzunehmen. Dabei war die Forderung von Gebühren für abgelehnte Akteneinsicht (den Sie auch ankündigen) ein Grund, dass Deutschland verurteilt wurde.

Da ich als im europäischen Raum der Freiheit Lebender also was Besseres gewohnt bin, gibt mir mein "Heimatgerichtshof" Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Hoffnung: Wo kann ich den Marsch dorthin, wie schon beim Verfahren Keim gegen Deutschland Antrag Nr. 41126/05 über Informationsfreiheit beginnen?

Der Präsident des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), Luzius Wildhaber, hat Deutschland zur Umsetzung der Straßburger Urteile ermahnt: Deutschland solle sich "näher mit dem System der Menschenrechtskonvention befassen", sagte Wildhaber am 8.12.06 im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. Es gebe offensichtlich "einige Wissenslücken", auch bei deutschen Richtern, betonte der 69-jährige Schweizer, der den Straßburger Gerichtshof im Januar aus Altersgründen verlassen wird. Wildhaber verwies auf Artikel 46 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Darin sei unmissverständlich festgelegt, dass die Unterzeichnerstaaten die endgültigen Urteile des Gerichtshofs "befolgen" müssen. Der Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung ist nach der neuesten Rechtsprechung des EGMR ein Menschenrecht.

Auch der Ministerrat des Europarates hat mit der "Empfehlung Rec(2004)6 über die Verbesserung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe" gefordert, die Rechtsprechung des EGMR bei Gerichten und Verwaltungen bekannter gemacht wird und mehr beachtet wird, um den EGMR zu entlasten:

I. durch eine stetige Überwachung im Lichte der Rechtsprechung des Gerichtshofs sicherzustellen, dass für alle Personen, die in vertretbarer Weise eine Konventionsverletzung geltend machen, innerstaatliche Rechtsbehelfe bestehen und dass diese Rechtsbehelfe insoweit wirksam sind, als sie zu einer Entscheidung über die Begründetheit der Beschwerde und einer angemessenen Abhilfe jeder festgestellten Verletzung führen können.

II. im Anschluss an Urteile des Gerichtshofs, die strukturelle oder allgemeine Defizite im Recht oder in der Praxis des Staates aufzeigen, die Wirksamkeit der bestehenden innerstaatlichen Rechtsbehelfe zu überprüfen und gegebenenfalls wirksame Rechtsbehelfe zu schaffen, um zu vermeiden, dass der Gerichtshof mit wiederkehrenden Rechtssachen befasst wird;

III. besondere Aufmerksamkeit - im Rahmen der Punkte I und II - dem Bestehen wirksamer Rechtsbehelfe im Falle einer vertretbaren Rüge der überlangen Verfahrensdauer von Gerichtsverfahren zu schenken;

Der Europarat schlägt in der Empfehlung Rec(2004)5 über die "Überprüfung der Vereinbarkeit von Gesetzentwürfen mit der EKMR den Mitgliedstaaten" vor, unter Berücksichtigung der im Anhang aufgeführten Beispiele einer guten Praxis dafür Sorge zu tragen, dass angemessene und wirksame Mechanismen bestehen, um die Vereinbarkeit von Gesetzentwürfen mit der Konvention im Lichte der Rechtsprechung des Gerichtshofs systematisch zu überprüfen.

Der durch das IFG 2006 angestoßene Übergang und Paradigmenwechsel ist eine Kulturrevolution im Verhältnis von Bürger zum Staat. Im Bereich des Europarates wurde das aufgrund der Empfehlung Nr. 854 (1979) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates betr. den Zugang der Öffentlichkeit zu Regierungsunterlagen veranlasst und die Informationsfreiheit und war in dem meisten Ländern bereits abgeschlossen als das IFG im Jahr 2006 in Kraft trat. Daran müssen sich die Machthaber in Deutschland erst gewöhnen.

Aber laut Artikel 1 (2) GG sind auch in Deutschland die "unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten (...) Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft". Artikel 46 der Konvention für Menschenrechte lautet ""Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, in allen Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen." Damit ist das Menschenrecht des Zugang zu Informationen der öffentlichen Verwaltung auch in Deutschland juristisch durchsetzbar. Das gilt auch für widerrechtlich unter Verschluss gehaltenen Informationen des Bundestagspräsidenten.

Mit freundlichen Grüßen  

Walter Keim

Kopie: Bundestagspräsident, Verfassungsgericht 2 BvE 1/06 (Verfassungsrichter Siegfried Broß und Udo Di Fabio), alle Bundestagsabgeordneten, Bundeskanzlerin, Bundesrat, foodwatch, Verbraucherzentrale, Deutscher Presserat, Deutsche Presse, TV Stationen, Kopien auch an 8 Bundesländer ohne Informationsfreiheitsgesetze

Anlage:

  1. Tabellarische Übersichten: Menschenrecht Informationsfreiheit im Bundesgesetzblatt (BGBl.): http://wkeim.bplaced.net/IFG.htm#Europarat  
  2. 10.04.07: Nebenintervention beim Bundesverfassungsgericht: http://wkeim.bplaced.net/files/070410bvg.htm
  3. Keim gegen Deutschland Antrag Nr. 41126/05 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte: http://wkeim.bplaced.net/files/echr-061101.htm
  4. 10. July 2006: Sdruženi Jihoceské Matky v. Czech Republic, Application no. 19101/03 , Decision of  ECHR Admissibility of Access to information: .http://merlin.obs.coe.int/iris/2006/9/article1
  5. 10. März 2006 Bundestagspräsident suspendiert Veröffentlichung: http://www.campact.de/img/nebenekft/docs/Lammert_Brief.pdf
  6. .

 

Antworten:

Entwicklung:

 

Tabellarische Übersichten: Menschenrecht Informationsfreiheit im Bundesgesetzblatt (BGBl.)

Europarat zur Informationsfreiheit:

Organisation Name mit Link Über-
setzung
Europarat, 4.11.1950 Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte (BGBl. 1952 Teil II S. 685): Artikel 10: Meinungsfreiheit und Informationsfreiheit English
Parlamentarische Versammlung, 1979 Empfehlung Nr. 854 (1979) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates betr. den Zugang der Öffentlichkeit zu Regierungsunterlagen und die Informationsfreiheit: http://wkeim.bplaced.net/files/empf_854_1979.htm English
Europarat, 1981 "Recommendation No. R (81) 19" on the access to information held by public authorities.  
Parlamentarische Versammlung, 1986 Recommendation 1037 (1986). On Data Protection and Freedom of Information  
Europarat, 2002 Empfehlung Rec (2002) 2 des Ministerausschusses an die Mitgliedstaaten
zum Zugang zu amtlichen Dokumenten
: http://www.fr.ch/ofl/de/cst2004/empf_2002_2.pdf
English
Europarat, 2004 Empfehlung Rec(2004)6 über die Verbesserung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe: http://egmr.org/minkom/ch/rec2004-6.pdf English
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, 2006 Rechtssache Sdruženi Jihoceské Matky gegen Tschechische Republik, Antrag Nr. 19101/03 vom 10. Juli 2006 English
Europarat, 2006 Arbeit an bindender Konvention. CDDH: Project 2004/DG2/74 “Guaranteeing the right of the public to have access to official documents”: http://wkeim.bplaced.net/files/project_2004dg274.htm  

 

Vereinte Nationen (UN) und UNECE zur Informationsfreiheit:

Organisation Name mit Link Über-
setzung
Generalversammlung, 10.12. 1948 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte: Artikel 19: ...Freiheit ... "Informationen (...) zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten." English
Vereinte Nationen, 1966 Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. (BGBl. 1973 II S. 1534) Artikel 19: Freiheit ... "Informationen (...) sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben." English
Europa UNECE, 1998 United Nations Economic Commission for Europe: Umweltschutz: Die Aarhus Konvention: http://www.unece.org/env/pp/acig.htm English
COMMISSION ON HUMAN RIGHTS, 1998 E/CN.4/1998/40, 28 January 1998: Promotion and protection of the right to freedom of opinion and expression Report of the Special Rapporteur, Mr. Abid Hussain, submitted pursuant to Commission on Human Rights resolution 1997/26: III A  
COMMISSION ON HUMAN RIGHTS, 2000 E/CN.4/2000/63, 18 January 2000: Report of the Special Rapporteur on the promotion and protection of the right to freedom of opinion and expression, Mr. Abid Hussain, submitted in accordance with Commission resolution 1999/36: III B  
UN Special Rapporteur, 2004 JOINT DECLARATION by the UN Special Rapporteur on Freedom of Opinion and Expression, the OSCE Representative on Freedom of the Media and the OAS Special Rapporteur on Freedom of Expression: http://merlin.obs.coe.int/iris/2005/2/article1: "The right to access information held by public authorities is a fundamental human right"  

 

 

 

 

[Informationsfreiheit]     [Zurück zu allen Petitionen]     [Verwaltungsstreitsache]     [Menschenrechtsverletzungen in Deutschland]    [Zur Homepage

Anlage: Süddeutschland der Schandfleck bezüglich der Informationsfreiheit in Europa. Bild unten: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Hellgrün: Informationsfreiheit nur in Verfassung. Gelb: Gesetz in Vorbereitung. Access to Information Law = Informationsfreiheitsgesetz.

 

Informationsfreiheitgesetze in Deutschland

Informationsfreiheit in Europa